20. Januar 2014
Wer kann sich nicht an das Blumenmeer vor dem Buckingham Palast zu Ehren von Lady Di erinnern? Der
Tod der ehemaligen Prinzessin von Wales löste weltweit 1997 eine bis dato unbekannte Dimension von gemeinschaftlicher
Trauer aus. Gefühlt war dies eine Initialzündung. Seitdem gehört die Bekundung unendlicher
Trauer um bekannte Persönlichkeiten zum Medienalltag. Im stetigen Rhythmus flimmern Bilder der öffentlichen Beileidsbekundungen über die Bildschirme. Manche erreichen weniger durch ihr irdisches Dasein als durch die Umstände des Todes einen gewissen Ruhm. Viele sprechen angesichts dieser "medialen Inszenierung" verächtlich von Heuchelei, wenn Menschen wie du und ich um Prominente trauern. Andere halten diese
Trauer für echt.
Warum trauern wir?
Trauer ist immer ein Ausdruck des seelischen Schmerzes. Es ist eine ganz natürliche Reaktion auf einen Verlust, die sich im Prinzip nicht unterdrücken. Wie stark und wie lange
Trauer empfunden wird, ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Das hängt auch davon ab, wie eng man sich dem Verstorbenen verbunden fühlt. Der Verlust wiegt um so schwerer, weil mit einem Schlag eine gemeinsame Zukunft nicht mehr möglich ist. Die damit verbundenen Hoffnungen und Wünsche sind unwiederbringlich zerstört. Dinge, die man noch sagen oder erleben wollte, können nun nicht mehr gesagt oder erlebt werden. Diese Leere und oder gar Schuldgefühle sind für viele nur schwer zu ertragen. Über die
Trauer hinaus rückt auch die Endlichkeit des eigenen Lebens ins Bewusstsein. Viele reagieren darauf ängstlich.
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Echte Trauer oder nur Betroffenheit?
Selbstverständlich können auch Prominente bei ihren Fans eine Lücke lassen. Verbundenheit und Verehrung sind auch hier die Stichworte. Diese begründen sich zumeist aus dem Respekt vor der (Lebens-)Leistung. Vor allem, wenn sie es geschafft haben, einzigartige Momente oder viele glückliche Stunden zu bescheren. Dabei ist es egal, ob es sich um einen Künstler, Wissenschaftler, Politiker, Sportler, Top-Manager oder gesellschaftlich engagierten Menschen handelt.
Interessanterweise ist die öffentliche
Trauer um Menschen wie Nelson Mandela oder Amy Whinehouse gesellschaftlich eher akzeptiert als um den tödlich verunglückten Formel 1-Rennfahrer Ayrton Senna. Das liegt zum einen an der Bekanntheit der verstorbenen Person. Zum anderen an deren Wertschätzung durch alle Gesellschaftsschichten hindurch. Fraglos hat ein Nelson Mandela mit seinem Beitrag zur Abschaffung der Apartheit in Südafrika für die Weltgemeinschaft mehr geleistet als ein Rennfahrer. Aber die Tatsache allein, dass der Verstorbene nie wieder etwas bewirken oder den Fan mit seiner Art und seinem Können nie wieder "berühren" wird, kann unendlich traurig machen. Insofern kann ein echter Bewunderer auch echte
Trauer empfinden - auch wenn er dem Verstorbenen nie persönlich begegnet ist.
Aber wie steht es um die Menschen, die dem Krieg, dem Holocaust oder Terrorattentaten zum Opfer fielen? Auch hier können Nichtbeteiligte tiefe
Trauer empfunden. Denn auch in diesen Fällen wird um einen Verlust getrauert: Zum Beispiel um den Verlust der Menschlichkeit.
Es wird geheuchelt - aber selten lange
Dennoch gibt es das Phänomen der vorgetäuschten
Trauer. Um Einschaltquoten, Absatzzahlen und Klickraten zu erhöhen, scheuen sich einige Mediendienstleister nicht, den
Tod eines Prominenten für ihre Zwecke zu dramatisieren. Auch in den sozialen Netzwerke ist immer wieder zu beobachten, wie der
Tod eine Welle der unendlichen Betroffenheit und Solidarität auslösen kann. Wie echt und ernstzunehmend das ist, ist nur schwer zu beurteilen. Vorschnelle Anklagen oder unreflektierte Meinungsäußerung helfen allerdings nicht dabei,
Trauer von Heuchelei zu unterscheiden.